Die Peters-Projektion – die einzige „Alternative“?

Serie „Karten und Gesellschaft“

Karten haben schon immer die Gesellschaft geprägt und umgekehrt – als Datenspeicher und Hilfsmittel zur Orientierung, aber auch als Mittel des Ausdrucks von Einheit oder Macht. Unsere Beiträge der Serie „Karten und Gesellschaft“, zum Start des International Map Year, skizzieren diese Wechselwirkung zwischen Gesellschaft und Karte. Wir stellen Ihnen drei Weltkarten vor, die einerseits das Weltbild der Zeit der Erstellung bzw. der Ersteller kristallisieren, die Sicht der Menschen auf die Welt beeinflussen und die Interaktion der Menschen mit der physischen Umwelt thematisieren.

Verwendung der Peters-Projektion für eine Satellitenbildkarte (By Mdf at en.wikipedia [Public domain], from Wikimedia Commons)

Verwendung der Peters-Projektion für eine Satellitenbildkarte (Public domain, via Wikimedia Commons)

Die Tatsache, dass die Erde rund ist, die Karten, die wir zu Rate ziehen aber meistens handlich zweidimensional sind, hat schon viele Diskussionen verursacht. Anschaulich dargestellt wird die Herausforderung anhand des Versuchs die Schale einer Orange flach auszubreiten, mit einem Augenzwinkern auch „orange peel problem“ genannt, wie in diesem Video illustriert.

Von Seiten der Experten der Deutschen Gesellschaft für Kartographie heißt es: „Grundsätzlich kann die dreidimensionale Kugeloberfläche der Erde nicht in einer exakt übereinstimmenden, wirklichkeitsgetreu-objektiven Abbildung in die zweidimensionale Ebene eines Kartenblattes übertragen werden (mathematischer Beweis von L. Euler, 1777)“ (DGfK, 1985, S. 1). Jede Abbildung verzerrt entweder die Flächengröße, die Strecken oder die Winkel zwischen zwei Orten, was in einem veränderten Aussehen der Umrisse der Landmasse resultiert.

Je nach Zweck der Kartennutzung ist somit eine funktionsgerechte Projektion zu wählen. Von den Kartenerstellern nicht zu vergessen ist jedoch die Information, die durch die Kartenprojektion und das Kartendesign zusätzlich zum Karteninhalt an die Kartenleser weitergegeben wird. Die Frage hier ist, was wollen wir vermitteln? Für die meisten Anwendungen soll ein möglichst genaues Abbild der Erde vermittelt werden. Hierfür muss aber bestimmt werden, wodurch sich dieses Abbild auszeichnet: Realgetreue Größe der Flächen, realgetreue Strecken oder realgetreue Winkel und was soll im Zentrum der Karte und somit der Aufmerksamkeit stehen? Es ist nicht zu verleugnen, dass eine Entscheidung darüber politische und ideologische Gründe haben kann.

Auch wenn das Thema Projektionen für Kartographen ein alter Hut ist und die DGFK bereits 1985 bestätigte, dass die Fachwissenschaft für den Entwurf von Weltkarten längst sachgerechte Lösungen entwickelt hat, so ist Nicht-Kartographen die Vielfalt an Möglichkeiten oftmals nicht bewusst. Besondere Aufmerksamkeit erhielt daher die Peters-Projektion, die in den siebziger Jahren von Arno Peters vorgestellt wurde. Sie basiert allerdings auf Vorarbeiten anderer Kartographen, daher wird im Englischen auch die Bezeichnung „Gall-Peters Projection“ verwendet.

Die Eigenschaft, die von Peters besonders beworben wurde, ist ihre Flächentreue, d. h. die dargestellten Flächen entsprechen ihrer wahren relativen Größe, anders zum Beispiel als in der Mercator Projektion, die oft als Sparringspartner gesehen wird. Das ist jedoch ein unangebrachter Vergleich, denn deren Zweck lag aufgrund der Winkel- und Streckentreue in der Navigation. Vielfach wird die Peters-Projektion sogar als „einzige korrekte Darstellung“ propagiert, da sie z. B. Afrika in wahrer Größe darstellt und nicht die Flächen der nördlichen Hemisphäre stärker hervorhebt, was ideologische Diskussionen auslösen kann. Die Deutsche Kartographische Gesellschaft äußert sich kritisch zur Flächentreue der Projektion und gibt Abweichungen von bis zu 12 Prozent zu den tatsächlichen Flächen an (DGfK, 1985).

Die strecken- und winkeltreue Mercator Projektion (© DGfK, 1985, S. 4)

Die strecken- und winkeltreue Mercator Projektion zeigt Flächen im Bereich des Äquators kleiner als in Nähe der Pole, was immer wieder zu politischen Diskussionen über Kartenprojektionen führt (© DGfK, 1985, S. 4).

Verzerrungsellipsen zeigen die starken Verzerrungseigenschaften der Mercator Projektion

Verzerrungsellipsen zeigen die starken Verzerrungseigenschaften der Mercator Projektion (Stefan Kühn, CC-BY-SA-3.0, via Wikimedia Commons).

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ein weiterer Kritikpunkt an der Projektion ist die starke Verzerrung, die u. a. daraus resultiert, dass die Karte rechteckig ist: Die Gebiete um den Äquator sind stark in die Länge gezogen, während die Gebiete an den Polen stark in die Breite gezogen sind, was bei einem Vergleich mit einem Globus nicht als originalgetreu zu bewerten ist.

Die orangen Verzerrungsellipsen zeigen die Verzerrungseigenschaften der Peters-Projektion: Am Äquator besteht ein Seitenverhältnis von 2:1 und zieht dadurch Afrika und Südamerkia stark in die Länge (By Eric Gaba (Sting - fr:Sting) [GFDL (http://www.gnu.org/copyleft/fdl.html) or CC BY-SA 4.0-3.0-2.5-2.0-1.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0-3.0-2.5-2.0-1.0)], via Wikimedia Commons)

Die orangen Verzerrungsellipsen zeigen die Verzerrungseigenschaften der Peters-Projektion: Am Äquator besteht ein Seitenverhältnis von 2:1, Afrika und Südamerka sind dadurch stark in die Länge gezogen (Eric Gaba, CC BY-SA 4.0-3.0-2.5-2.0-1.0, via Wikimedia Commons)

Doch es scheint eben gerade diese Verzerrung zu sein, die zum Markenzeichen dieser Projektion wurde und den Wiedererkennungswert steigert. Die große Bekanntheit der Karte und ihre Verwendung als kritische, postkolonialistische Stellungnahme sind zweifelsohne einer gezielten Vermarktung durch Peters und eben diesem Wiedererkennungswert zuzuschreiben, denn er ermöglicht es, eine Karte als klar zu erkennendes Statement einzusetzen.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass es kein objektives, exaktes Abbild der Erde in Karten gibt. Erfreulicherweise aber hat die Kartographie eine Vielzahl an ausgereiften Projektionen zu bieten, wie die flächen- und lagetreuen Projektionen nach Mollweide, Behrmann und Eckert (siehe Abbildungen unten), die weitaus geringere Verzerrungen als die nach Peters erzielen. Des Weiteren gibt es die sogenannten vermittelnden Entwürfe, in denen die drei Eigenschaften Strecken-, Winkel- und Flächentreue „in größtmöglicher Annäherung“ realisiert sind (DGfK, 1985, S. 11). Empfohlen werden hierbei die Entwürfe nach Winkel, Wagner und Robinson (siehe Abbildungen unten). (BW)

Die flächentreue Mollweide Projektion (© DGfK, 1985)

Die flächentreue Mollweide Projektion (© DGfK, 1985, S. 5)

Die flächentreue Eckert Projektion (© DGfK, 1985)

Die flächentreue Eckert Projektion (© DGfK, 1985, S. 5)

 

 

 

 

 

 

 

Die flächentreue Behrmann Projektion (© DGfK, 1985)

Die flächentreue Behrmann Projektion (© DGfK, 1985, S. 4)

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Verzerrungsellipsen zeigen die Verzerrungseigenschaften der Behrmann Projektion (Stefan Kühn, CC-BY-SA-3.0, via Wikimedia Commons).

 

 

 

 

 

 

 

 

Die vermittelnde Wagner Projektion (© DGfK, 1985)

Die vermittelnde Wagner Projektion (© DGfK, 1985, S. 5)

Verzerrungsellipsen zeigen die Verzerrungseigenschaften der vermittelnden Robinson Projektion (Stefan Kühn (Eigenes Werk), CC-BY-SA-3.0, via Wikimedia Commons)

Verzerrungsellipsen zeigen die Verzerrungseigenschaften der vermittelnden Robinson Projektion (Stefan Kühn, CC-BY-SA-3.0, via Wikimedia Commons).

 

 

 

 

 

 

 

 

Links und weiterführende Informationen

Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Kartographie (DGfK) und des Verbandes der Landkartenverlage in Deutschland zur Peters-Projektion, 1985

ARTE, Die Karten der Anderen, Erstausstrahlung März 2009

Kai Krause, The true size of Africa (PDF) und eine Gegenschrift von Kenneth Field unter Verwendung einer flächentreuen Projection.

Video von National Geographic „Selecting a Map Projection“ (EN)

Comic „What your favourite map projection says about you“ (EN)

The West Wing Episode “Why are we changing maps?” (Video, EN)

Spiel von Oxfam für Kinder, das das Thema Projektionen thematisiert (EN)

Artikel über die Präferenzen der Nutzer bei Projektionen für Weltkarten: B. Šavrič, B. Jenny, D. White  und D. R. Strebe (2014). User preferences for world map projections. CAGIS.

4 comments

  • Ich möchte ein Buch machen über Ausgrabungen im Irak,Isin und Ausgrasbungen in Syrien Mumbaqa. Mein verstobener Man Dr. der „Vorderasiatischen Archäologie“, hinterlies zahlreiche Fotos dazu. Ich bräuchte dazu sowohl über den Irak als auch über Syrien, eine gute Landkarte, um die Bilder zuordnen zu können. Es gibt ja nich mehr allzuviel von den Ausgrabungsstätten.

    • Paula Meyer

      Gute, nahezu flächen- und winkeltreue Karten sind Luftfahrtkarten. (Lambertsche Schnittkegelprojektion). Davon sind insbesonderen die Militärischen zu empfehlen, da sie entgegen den zivilen Karten, über einen exakten topografischen Aufdruck verfügen.

  • Pingback: Ist das wirklich Wahr ? | Medientheoretische Konzepte

  • Jens Thiele

    Interessant wäre auch die Frage, was für Menschen in einer Welt mit den entsprechenden Verzerrungen leben würden. Geschichte würde sicherlich ganz anders verlaufen, aber diese Welt(en) wären grundsätzlich „menschlich“ zu nennen.