287.000 Fahrräder in einer Karte? Die UCL CASA: Bike Share Map

Serie „Typen von Karten und Kartenproduktionen“

Denkt man an Kartentypen, so fallen einem diverse Kategorien ein, nach denen eine Einteilung erfolgen kann. Je nach Datenpräsentation, Maßstab, Thematik, Nutzergruppe, Herausgeber der Karte usw. unterscheidet man zum Beispiel zwischen interaktiven Karten, Weltkarten, Stadtplänen, Wanderkarten, geologischen Karten, Wetterkarten oder historischen Karten. Dieser Blog gibt bereits einen ausführlichen Überblick über diverse Kartentypen, wie historische Karten, Karten an der Schnittstelle zur Kunst, Kartogramme etc. In dieser Serien wollen wir daher ganz speziell drei besondere Kartentypen behandeln, die allgegenwärtig und nicht wegzudenken sind. Wir beginnen unsere Serie mit der Tube Map von H.C. Beck, dem Liniennetzplan der Londoner Underground, der einen Kultstatus einnimmt und behandeln danach Cluster Karten und Flow Karten.

Wie zeigt man 287.000 Fahrräder an 14.000 Stationen in 140 Städten an? Die UCL CASA: Bike Share Map von Oliver O’Brien versucht es gar nicht erst.

Arbeitet man mit räumlichen Daten, so gerät man durch den Detailreichtum verfügbarer Datensätze und/oder ihrer Raumabdeckung schnell in den Bereich großer Datenmengen. Gerade Punktdaten sind heutzutage immer wieder im Fokus. Seien es geocodierte „Tweets“ oder „Instagrams“, detaillierte Sensornetzwerke oder simulierte „Population Dot Maps“, das Problem einerseits zahlenmäßig gigantischer und andererseits räumlich oft eng benachbarter Daten ist verbreitet. Dabei ergeben sich (zumindest in einer technisch limitierten Umgebung wie einem Web-Browser) technische und kognitive Probleme. Je nach Umfang der Daten ist es technisch teilweise nicht möglich sie überhaupt alle (dynamisch) anzuzeigen. Kann man es doch, so überlagern sich Objekte je nach Zoomstufe häufig und verfälschen so das Kartenbild.

Die Dokumentation von Google Maps etwa hat eine eigene Seite Too many points zu dem Thema, auf welcher unterschiedliche, von der Google Maps API unterstützte Lösungsansätze vorgestellt werden. So lässt sich raster- oder distanzbasiert aggregieren oder auch auf Basis der Nachbarschaft zwischen den Punkten. Welche Art von Aggregation, Gruppierung, Rasterung o.ä. sinnvoll ist, hängt von verschiedenen Faktoren, allem voran der gewünschen Aussage der Karte und deren „Richtigkeit“ ab.

Als Beispiel einer Karte, bei welcher eine Gruppierung von Punktdaten auf eine übergeordneten Raumbezug durchgeführt wurde, soll hier die UCL CASA: Bike Share Map sein.

Stationen zur Entleihung von Fahrrädern gibt es mittlerweile in vielen Städten auf der ganzen Welt. Alleine in Hamburg sind zum aktuellen Stand rund 2000 Fahrräder an rund 150 Stationen im Einsatz. Die Bike Share Map zeigt weltweite Echtzeit-Daten zur aktuellen Belegung solcher Stationen an.

Standardmäßig wird die ganze Welt gezeigt. Würden hier nun sämtliche Stationen dargestellt, so lägen sie in besiedelten Gebieten übereinander und der Informationsgehalt wäre kaum mehr als „in dieser Stadt gibt es eine undefinierte Anzahl von Stationen“. Stattdessen entschied sich der Ersteller der Karte für eine Aggregation der Daten auf Basis der jeweiligen Stadt beziehungsweise Betreibergesellschaft. Die Größe des Kreises symbolisiert dabei die Kapazität des jeweiligen Angebots.

Bei näherem Zoom kann der Benutzer dann auf einen entsprechende Raum (etwa Wien) klicken und erhält die detaillierte Nahansicht desselben. Hier werden nun sämtliche Stationen ohne Rücksicht auf Überlagerungen halb-transparent dargestellt. Die Größe der Kreise zeigt dabei die absolute Kapazität der Stationen, die Farbe die aktuelle Belegung. Die Schwäche der schlechten Differenzierbarkeit der einzelnen Klassen des hochaufgelösten Farbschemas wird mithilfe zusätzlicher Symbolik an den „interessanten Enden“ desselben umgangen. Stationen, die nahezu leer beziehungsweise voll sind, erhalten einen gepunkteten Umkreis, solche die leer oder voll sind, einen durchgezogenen.

Die UCL CASA: Bike Share Map vermeidet mit der einfachen Entscheidung für eine spezifische Aggregation je nach Maßstab die eingangs besprochene Problematik. Das Ergebnis ist dabei nicht unbedingt „schön“, wohl aber technisch und visuell praktikabel.