Night-Club Map of Harlem

Diese Karte ist ein interessantes Dokument der amerikanischen Kulturgeschichte. Sie stellt das Nachtleben zu Beginn der 30er Jahre des 20. Jahrhunderts im lebendigen und beliebten Ausgehviertel Harlem in New York mit zahlreichen Illustrationen und Insider-Tipps dar.

In dieser Zeit war Harlem ein beliebter Stadtteil für schwarze Zuwanderer und war ein Schmelztiegel afro-amerikanischer Kultur mit Schriftstellern, Malern, Tänzern und Jazz-Musikern. Diese künstlerische Bewegung wird auch als Harlem Renaissance bezeichnet. Der Alltag war in dieser Zeit stark rassistisch geprägt. In Harlem entwickelte sich ein neuer Stolz der schwarzen Bevölkerung, die ihre Kreativität dort ausleben konnte.

A Night-Club Map of Harlem

Abb.1: A Night-Club Map of Harlem von E. Simms Campbell, 1932. © Manhattan Magazine

„A Night-Club Map of Harlem“ wurde von Elmer Simms Campbell (1906-1971) 1932 gezeichnet (Abb. 1). Er war der erste afro-amerikanische Karikaturist, von dem Zeichnungen im ganzen Land in verschiedenen Zeitschriften veröffentlicht wurden. Die Karte erschien erstmals am 18.1.1933 in der ersten Ausgabe des Manhattan Magazine und wurde 9 Monate später im Esquire Magazine nochmals publiziert. In der Autobiographie „Of Minnie the Moocher and Me“ (1976) des Jazz-Musikers Cab Calloway wurde die Karte im Nachsatz veröffentlicht.

Die Karte ist nach Südwesten ausgerichtet und stellt den Teil Harlems nördlich des Central Parks dar, in dem sich das Zentrum des Nachtlebens befand. In der Karte wird hauptsächlich das Gebiet um die Lennox Avenue und die Seventh Avenue (heute Adam Clayton Powell Jr. Boulevard) von der 131. Straße bis zur 142. Straße wiedergegeben. Sie ist jedoch nicht maßstabstreu und auch nicht geometrisch richtig. Erkennbar ist dies an den Straßenverläufen der 133. bis 142. Straße, wenn man sie mit einem konventionellen Stadtplan vergleicht. Der Zeichner legte mehr Wert auf die Darstellung von wichtigen Clubs und Bars illustriert mit Straßen- und Nachtclubszenen und Hinweisen zum Nachtleben. Zur Orientierung ist eine Kompassrose vorhanden. Im Süden ist der Central Park angedeutet und im Osten der Harlem River.

Abb. 2: Club Hot Cha, Ausschnitt aus der "Night-Club Map of Harlem"

Abb. 2: Club Hot Cha, Ausschnitt aus der „Night-Club Map of Harlem“ © Manhattan Magazine

Zahlreiche Hot Spots des damaligen Nachtlebens sind mit Illustrationen, Darstellungen von bedeutenden Künstlern und interessanten Hinweisen abgebildet. Offensichtlich kannte sich Campbell in Harlem und den jeweiligen Gepflogenheiten sehr gut aus. Er wusste, wann man wo am besten hingeht. Beim Club Hot Cha (Nähe Seventh Avenue und 134. Straße) steht z.B. der Hinweis: „Nothing happens before 2 a.m. Ask for Clarence.“ (Abb. 2).

Verschiedene bedeutende Künstler sind in der Karte abgebildet, wie z.B.:

  • „Bill ‚Bojangles‘ Robinson. The Worlds Greatest tapdancer“ im Lafayette Theatre
  • You’ve never heard a piano really played until you hear Garland Wilson“ beim Theatrical Grill
  • Cab Calloway, der Star des Cotton Club, der den berühmten Refrain „Ho De Hi De Ho!“ aus seinem Song „Minnie the Moocher“ singt

Der Cotton Club an der 142. Straße war der bekannteste und einer der beliebtesten Clubs in Harlem, in dem die angesagtesten Musiker und Tänzer auftraten. Die Künstler waren in der Regel Afro-Amerikaner jedoch war der Club zu Beginn seiner Existenz in den 20er Jahren nur für weiße Besucher zugänglich. Diese Beschränkung wurde später gelockert. Harlem war nicht nur für die Schwarzen sondern auch für die Weißen ein beliebtes Ausgehviertel. Damals war es angesagt, die Abende in Harlem zu verbringen und den „Flair des Exotischen“ zu erleben.

Abb. 3: Savoy Ballroom, Ausschnitt aus der "Night-Club Map of Harlem"

Abb. 3: Savoy Ballroom, Ausschnitt aus der „Night-Club Map of Harlem“ © Manhattan Magazine

Zur Jazz-Musik wurden verschiedene Tänze getanzt. In der Karte abgebildet bzw. genannt sind der Snakehips, der Bump und der Lindy Hop. Insbesondere der Lindy Hop war ein populärer Tanz, der sich auch in andere Länder verbreitete (z.B. innerhalb der Swing-Jugend in Deutschland, eine oppositionelle Jugendkultur gegen die Hitler-Jugend). Der Lindy Hop, ein Paartanz zur Swing-Musik, entstand vor allem im Savoy Ballroom, einem weiteren bedeutenden Club in Harlem (Abb. 3). Im Gegensatz zum Cotton Club waren hier alle Hautfarben willkommen, so dass sich Schwarze und Weiße vermischten. Der Savoy Ballroom hatte großen Einfluss auf die Entwicklung der Jazz-Musik und von Tänzen. Jede Nacht spielten mehrere Swing Big Bands und Tänzer zeigten ihr Können und konnten für eine Profi-Karriere rekrutiert werden.  Seit einigen Jahren wird Lindy Hop wieder zunehmend getanzt und erfreut sich weltweit einer wachsenden Tanzgemeinde.

Trotz der Prohibition, die von 1919 bis 1933 den Verkauf und die Herstellung von Alkohol in den USA verbat, war es ein Leichtes, in einem der zahlreichen sogenannten „Speakeasies“ (Flüsterkneipen) illegal Alkohol zu erwerben. Diese Bars hatten im Gegensatz zu den großen Clubs, die der Sperrstunde unterlagen, die ganze Nacht geöffnet. Campbell versuchte erst gar nicht, die zahlreichen Bars in die Karte einzuzeichnen: „The only important omission is the location of the various speakeasies but since there are 500 of them, you won’t have much trouble.“ Dies zeigt, dass die Verfügbarkeit von Alkohol kaum verheimlicht wurde und auch die Regierung nicht die Mittel und den Willen hatte, dagegen konsequent vorzugehen. Auch der Verkauf von Marihuana ist in der Karte dargestellt (Lennox Avenue Ecke 131. Straße): „Ah‘m the Reefer* man. *Marahuana Cigarettes 2 for .25 $“. „Reefer“ war eine Bezeichnung für Marihuanazigaretten.

Abb. 4: Glücksspiel in der "Night-Club Map of Harlem"

Abb. 4: Glücksspiel in der „Night-Club Map of Harlem“ © Manhattan Magazine

An verschiedenen Orten sind in der Karte Personen dargestellt mit der Frage: „What’s de numbah?“ bzw. „What’s th‘ number?“ (Abb. 4). Dies bezieht sich auf ein damals sehr beliebtes Glücksspiel, dass häufig auf der Straße gespielt wurde.

„A Night-Club Map of Harlem“ stellt ein interessantes und wichtiges Dokument der Geschichte dar, welches einen Einblick in das Leben der damaligen Zeit gewährt. Seit einigen Jahren erfreut sich diese Karte zunehmender Beliebtheit, was z.B. an verschiedenen Blogs und Webseiten erkennbar ist, in denen die Karte erwähnt bzw. vorgestellt wird. 2011 wurde ein Exemplar der Karte aus der Erstveröffentlichung im Manhattan Magazine für erstaunliche 16.800 US Dollar bei einer Auktion versteigert.

Weitere interessante Karten zum Thema Jazz-Musik stellen die folgenden Karten dar.

„A Jazzman’s Map of the World“ (Abb. 5) von Jim Flora aus dem Begleitbuch der Swing Era LP (von Time Life Records) aus der Ausgabe „Where Swing came from“ von 1938/39 stellt die Einflüsse und bedeutendsten Musiker der Jazz-Musik dar. In dieser „Weltkarte“ geht es nur um die Bedeutung und Einflüsse der Jazz-Musik, weshalb andere Teile der Welt nicht dargestellt sind und Europa nur am Rande abgebildet wurde. Für die Jazz-Musik bedeutende Orte wurden überproportional groß mit zahlreichen Illustrationen abgebildet.

Abb. 5: A Jazzman's Map of the World von Jim Flora

Abb. 5: A Jazzman’s Map of the World von Jim Flora © Time Life Records

Zwei weitere nennenswerte Karten wurden von Tony Millionaire in der heutigen Zeit gezeichnet und sind beim Verlag Ephemera Press erhältlich. Die „Harlem Renaissance Map“ (Abb. 6) gibt ähnlich wie die Karte von Campbell  die wichtigen Hot Spots und Künstler der damaligen Zeit in Harlem wieder. Jedoch ist sie bezüglich der Straßengeometrie wesentlich genauer und somit zur Orientierung besser geeignet. Sie deckt auch ein größeres Gebiet ab und enthält darüber hinaus einen erläuterten Rundgang zu den wichtigen Sehenswürdigkeiten in einer zweiten Karte auf der Rückseite.

In der „Queens Jazz Trail Map“ (Abb. 7) sind die Heimatorte und Adressen berühmter Jazz Musiker im New Yorker Stadtbezirk Queens abgebildet, in dem viele bedeutende Musiker ihr zu Hause hatten. Die Karte wird illustriert durch die Häuser und Portraits der Musiker. (KH)

Abb. 7: Queens Jazz Trail Map von Tony Millionaire (Ephemera Press)

Abb. 7: Queens Jazz Trail Map von Tony Millionaire © Ephemera Press

Abb. 6: Harlem Renaissance Map von Tony Millionaire (Ephemera Press)

Abb. 6: Harlem Renaissance Map von Tony Millionaire © Ephemera Press

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Quellen und weiterführende Links:

Harlem Renaissance

Elmer S. Campbell

A Nightclub Map of Harlem im Blog Strange Maps

Auktion bei den Swann Galleries

Ephemera Press mit weiteren Karten zur amerikanischen Kulturgeschichte

2 comments

  • Udo Maack

    Für diesen gelungenen Auftakt kann man nur gratulieren. Vielen Dank für die Mühe.
    Udo

    • Vielen Dank. Die Recherche und das Schreiben des Beitrages haben viel Spaß gemacht. Ich tanze selbst Lindy Hop und fand diese Karte sehr interessant.